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"Nabucco“ in Berlin – Statisch, aber klanglich überzeugend
Die berühmte Verdi-Oper ist jetzt in neuer Inszenierung in der Staatsoper Berlin zu sehen. Wir waren dort... (Aufführung vom 18.10.24)
Die berühmte Verdi-Oper ist jetzt in neuer Inszenierung in der Staatsoper Berlin zu sehen. Wir waren dort... (Aufführung vom 18.10.24)
Mit „Nabucco“ feierte Giuseppe Verdi 1842 an der Mailänder Scala seinen ersten großen Triumph und legte den Grundstein für seine jahrzehntelange Vorherrschaft als führender italienischer Opernkomponist. In der jüngsten Inszenierung an der Staatsoper Berlin taucht Regisseurin Emma Dante das biblische Drama in eine ästhetische Welt aus Gold, Rot, Schwarz und Weiß – Farben, die den prunkvollen Charakter des Werks unterstreichen, zugleich aber auch eine gewisse Schwere und Festlichkeit vermitteln.
Trotz dieser visuellen Opulenz bleibt die Inszenierung jedoch überwiegend statisch: Die Solisten stehen häufig an der Rampe, wodurch sie zwar stets gut zu hören sind, doch echte szenische Dynamik bleibt aus. Eine erhobene Hand oder ein Schreiten im Takt der Musik ersetzen keine wirkliche Personenregie, und viele Szenen bleiben szenisch auf einem eher simplen Niveau.
Ensemble und Chor | Foto © Staatsoper Berlin, Bernd Uhlig | Nabucco Totale 02
Musikalisch hingegen überzeugt die Aufführung durchweg. Bertrand de Billy, ein nach Angaben des Opernhauses ausgewiesener Verdi-Kenner, versteht es, das Orchester der Staatsoper mit einer feinen Balance aus dramatischer Wucht und lyrischer Sensibilität zu leiten. Besonders in den großen Szenen, wie dem berühmten „Va, pensiero“-Chor der gefangenen Hebräer, erreicht die musikalische Interpretation eine Tiefe, die berührt. Der Chor, von Dani Juris einstudiert, zeigt eindrucksvoll, warum dieses Stück bis heute als Inbegriff italienischer Sehnsucht nach Freiheit gilt. Die Dichte und die emotionale Intensität dieses musikalischen Moments gehören zweifellos zu den Höhepunkten des Abends.
Luca Salsi verleiht der Titelrolle des Nabucco eine kräftige, volltönende Stimme, die sowohl die herrische Überheblichkeit als auch die spätere Verzweiflung des babylonischen Königs gut wiedergibt. Seine stimmliche Präsenz wird durch eine nuancierte Interpretation unterstützt, die den Wahnsinn der Figur glaubhaft vermittelt. Er ist ein idealer Sänger, bei dem sich die von Verdi geforderten „vielen Stimmen“ eines Künstlers klar unterscheiden lassen: In den verzweifelten Szenen mit Abigaille ist er der lyrische Jüngling, in den großen Ausbrüchen ein echter Heldenbariton, und dazwischen kommt der italienische Künstler Luca Salsi mit flottem Parlando völlig natürlich daher.
Anastasia Bartoli als Abigaille überzeugt mit kraftvollen, dramatischen Höhen. Die Koloraturen sind präzise und mühelos. Sie findet sogar an vielen Stellen einen interessanteren Ausdruck als Anna Netrebko, die wir noch letzte Woche in derselben Rolle hörten. Natürlich hat Netrebko die etwas wärmere, rundere Stimme, aber Bartoli ist eine große, reife Interpretin im Fach des dramatischen Koloratursoprans, und wir freuen uns schon auf ihre Lady Macbeth später in diesem Jahr an der Deutschen Oper Berlin. Zu hören war, dass sie noch drei Tage vor dieser *Nabucco*-Aufführung als Lady Macbeth in München überzeugen konnte. (Ein KLICK hier führt zur Info über Anastasia Bartoli in der Deutschen Oper Berlin); (Startseite der Deutschen Oper, falls der Link nicht mehr da ist)
Marina Prudenskaya als Fenena und Mika Kares als Zaccaria runden das Solistenensemble mit ansprechenden Leistungen ab.
Die szenische Umsetzung zeigt zwar beeindruckende visuelle Akzente und eine Farbpalette, die jedem Opernfan gefällt, doch bleibt sie in der Personenregie hinter den Möglichkeiten zurück. Die statischen Arrangements lassen die dramatische Kraft von Verdis Musik nicht immer voll zur Geltung kommen.
Insgesamt bietet die Berliner Aufführung von *Nabucco* an der Staatsoper einen Opernabend, der musikalisch auf hohem Niveau überzeugt. Trotz der klanglichen Qualität bleibt diese Aufführung jedoch unter den Erwartungen einer wirklich spannenden Inszenierung, die dem hohen Anspruch der Staatsoper gerecht würde.
Aufführung am 18. Oktober 2024. Auf Italienisch mit deutschen und englischen Übertiteln.
Offizielles, kurzes VIDEO zu Nabucco aus der Staatsoper Berlin (Die Besetzung der besuchten Aufführung steht unter dem Video, im Video ist die Premierenbesetzung mit Anna Netrebko zu sehen)
Besetzung
Musikalische Leitung: Bertrand de Billy
Inszenierung: Emma Dante
Spielleitung: José Darío Innella, Tabatha McFadyen
Bühne: Carmine Maringola
Kostüme: Vanessa Sannino
Licht: Cristian Zucaro
Choreographie: Manuela Lo Sicco
Einstudierung Chor: Dani Juris
Dramaturgie: Detlef Giese, Rebecca Graitl
Nabucco: Luca Salsi
Ismaele: Ivan Magrì
Abigaille: Anastasia Bartoli
Fenena: Marina Prudenskaya
Zaccaria: Mika Kares
Anna: Sonja Herranen
Abdallo: Andrés Moreno García
Hohepriester des Baal: Manuel Winckhler
Staatsopernchor, Staatskapelle Berlin
Den aktuellen Spielplan entnehmen Sie bitte (LINK) der Website der Staatsoper Berlin (öffnet in neuem Fenster).
Wir danken der Pressestelle der Staatsoper für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Berichtes.