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Giuseppe Verdis „Nabucco“ fesselt jeden Zuhörer. Die großen Linien der Massenszenen, die Virtuosität der Orchestrierung und die Melodien in bester Tradition italienischen Belcantos gehören zu den berühmtesten Musterbeispielen der Kunstform Oper. Musikalisch rundet Verdis Dramma lirico in vier Teilen, 1842 für das Teatro alla Scala geschrieben, die Hochzeit des „schönen Gesangs“ ab. Sie bildet gleichzeitig den Durchbruch des Komponisten.

Giuseppe Verdis „Nabucco“ fesselt jeden Zuhörer. Die großen Linien der Massenszenen, die Virtuosität der Orchestrierung und die Melodien in bester Tradition italienischen Belcantos gehören zu den berühmtesten Musterbeispielen der Kunstform Oper. Musikalisch rundet Verdis Dramma lirico in vier Teilen, 1842 für das Teatro alla Scala geschrieben, die Hochzeit des „schönen Gesangs“ ab. Sie bildet gleichzeitig den Durchbruch des Komponisten.

So entsteht am „Nabucco“-Premierenabend in der Deutschen Oper Berlin ein besonderes Opernfieber, denn es ist die erste große Erfolgsarbeit des Komponisten und die erste szenische Premiere der neuen Spielzeit auf der großen Bühne. Die monatelange, renovierungsbedinge Schließzeit ist beendet. Also: Endlich wieder Verdi!

Orientiert an der Entstehungszeit des Werkes, die durch den Umbruch von feudalen Strukturen zu einer freien, bürgerlich-industriellen Gesellschaft geprägt war, stellt der Regisseur Keith Warner den Gegensatz zweier Völker in den Vordergrund. Auf der einen Seite sind die Hebräer, deren Kultur durch Schrift und ein demokratisches Bildungsideal geprägt ist. Auf der anderen Seite agieren die Babylonier, deren Staatsverständnis auf einem autokratischen Herrschaftssystem beruht. Diese zwei Prinzipien bestimmen das Verhältnis der beiden Völker und die Entwicklung der wichtigsten Figuren der Oper „Nabucco“.

Johan Reuter in der Titelpartie verinnerlicht die Entwicklung der hochdramatischen Partie mit großer Strahlkraft und vielen ergreifenden, stillen Tönen. Im zweiten Teil ist er in den lauten Passagen etwas besser zu hören als in der ersten Hälfte und leider verschwindet er klanglich in den Fortestellen der Ensembles und Duette etwas. Reuter besticht jedoch durch sein realistisches, packendes Spiel als wahnsinniger Gefangener und als Gegenüber der herrschsüchtigen Tochter Abigaille.

Während der Babylonierkönig Nabucco in seiner Gefangenschaft das Leiden des Volkes Israel verstehen lernt und sich vom Willkürherrscher zum verzeihenden Menschen und aufgeklärten Souverän wandelt, durchläuft seine Tochter Abigaille genau die entgegengesetzte Entwicklung. Da sie sich sowohl vom Hebräerprinzen Ismaele, den sie liebt, als auch von ihrem Vater Nabucco, der ihre Schwester Fenena bevorzugt, zurückgewiesen fühlt, wandelt sie sich im Verlauf des Stücks zu einer skrupellosen Machtpolitikerin, deren Hauptziel die Rache ist.

Anna Smirnova, die zuletzt als Lady Macbeth einen großen Erfolg an der Deutschen Oper feierte, erfüllt alle Anforderungen an die Dramatik der Partie. In den waghalsigen, meist aber relativ kurzen Koloraturpassagen zeigt sie große Beweglichkeit, die Spitzentöne sitzen fast alle perfekt. Die russische Sopranistin weiß, worauf es im internationalen Opernbetrieb ankommt. Laut operabase.com singt sie seit drei Jahren sogar ausschließlich die dramatischen Verdi-Partien Amneris („Aida“), Azucena („Il Trovatore“) und Eboli („Don Carlos“) - zugunsten von Stimme und italienischem Wohlklang. Die waghalsigen szenischen Aufgaben liegen ihr, aber die Diskussionen über „Treppe rauf oder Treppe runter?“ zwischen Regie, Dirigent und Orchester während der Proben lassen sich leicht ausmalen. Kurz vor einem Spitzenton im zweiten Teil muss Anna Smirnova noch die zwölf meterhohe Wendeltreppe erklimmen. Ein Einfall, der atemlos macht und der eine Wiederaufnahme, vielleicht mit einer anderen Besetzung, wohl nicht überstehen würde…

Yoseph Kang, der sich zuletzt als Graf im „Rigoletto“ wieder als glänzender Verdi-Sänger empfahl, gestaltet Ismael, eine Partie im Fach des jugendlichen Heldentenors, mit der bekannten, aber immer wieder erfrischenden Strahlkraft seiner außergewöhnlich schönen Stimme.

Schließlich gestaltet in „Nabucco“ der Chor der Deutschen Oper eine weitere Hauptrolle. William Spauldings Chor hat das Privileg, eines der populärsten Musikstücke Verdis vorzutragen, den Gefangenenchor. Es gelingt der Transport großer Emotionen und ein etwas angezogenes Tempo bringt ein dichteres Bild als in vielen vorliegenden Aufnahmen.

Die musikalische Gesamtleitung hat der junge Italiener Andrea Battistoni. Bei seinem Debüt in Berlin mit einer konzertanten Aufführung von Verdis „Il Trovatore“ empfahl er sich für größere Aufgaben. Auch im etwa fünften Jahr seiner Karriere an mitteleuropäischen Opernhäusern gilt er noch als Shootingstar der Szene. Markenzeichen ist ein extrem körperbetontes, wild anmutendes Dirigat, weit auseinander gespreizte Finger an oft sehr hochgeschwungenen Armen sowie das bildhafte Darstellen vieler, vieler Silben für eine sängerfreundliche Führung. In atemberaubendem Tempo peitscht Battistoni allerdings durch einige Ensemblestellen, fast bis zur Unspielbarkeit für das Orchester und zur Unsingbarkeit für den Chor. Da gehen leider ein paar Töne flöten.

(Alexander Hildebrand, Redaktion opernfan.de)

8. September 2013
Deutsche Oper Berlin
Berlin, Deutschland

Nabucco (Giuseppe Verdi). Oper in vier Akten, Dichtung von Temistocle Solera.

  • Nabucco: Johan Reuter
  • Ismaele: Yoseph Kang
  • Zaccaria: Vitalij Kowaljow
  • Abigaille: Anna Smirnova
  • Fenena: Jana Kurucová
  • Oberpriester des Baal: Marko Mimica
  • Abdallo; Jörg Schörner
  • Anna: Hulkar Sabirova

Musikalische Leitung: Andrea Battistoni
Chöre: William Spaulding

Chor der Deutschen Oper Berlin
Orchester der Deutschen Oper Berlin


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