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Foto: Hans Jörg Michel © Deutsche Oper Berlin

„Falstaff“ ist ein schwieriges Stück. Viele Akteure ähnlicher Fasson, da besteht Verwechslungsgefahr. Das einzige zur Identifikation taugende Liebespaar, die hübsche Nannetta und der jugendliche Fenton, stehen eher kurz im Vordergrund. Ehepaare arbeiten gegeneinander statt miteinander. Schließlich mag nicht jeder Opernbesucher einem alten, dicken Mann beim Vielweibern zusehen – das wusste schon der Altmeister der italienischen Melodien, Giuseppe Verdi.

„Falstaff“ ist ein schwieriges Stück. Viele Akteure ähnlicher Fasson, da besteht Verwechslungsgefahr. Das einzige zur Identifikation taugende Liebespaar, die hübsche Nannetta und der jugendliche Fenton, stehen eher kurz im Vordergrund. Ehepaare arbeiten gegeneinander statt miteinander. Schließlich mag nicht jeder Opernbesucher einem alten, dicken Mann beim Vielweibern zusehen – das wusste schon der Altmeister der italienischen Melodien, Giuseppe Verdi.

Dennoch hatte sich Verdi, dessen 200. Geburtstag die Musikwelt gerade begeht, für das Shakespeare-Stück „Die lustigen Weiber von Windsor“ als Vorlage entschieden. Wie es sich für ein Werk am Ende eines großartigen Künstlerlebens gehört, erklingt und erstrahlt ein wahres Meisterwerk. Verdi folgt dem Motto: „Jetzt bin ich alt, jetzt mache ich was ich will!“. Ja, bitte, es sei ihm erlaubt, denn es ist aufregend!

Als eine Hommage an den junggebliebenen Verdi verstehen Generalmusikdirektor Donald Runnicles und Regisseur Christof Loy ihre Neuproduktion von „Falstaff“ an der Deutschen Oper Berlin. Die Premiere am 17. November 2013 ist gleichzeitig Höhepunkt der Verdi-Wochen im Haus an der Bismarckstraße.

Noel Bouley ist ein relativ junger, noch sehr lyrischer Bariton im ersten Drittel seines Sängerlebens und als Darsteller über weite Strecken sehr witzig. Laut einiger gehörter Unterhaltungen im Foyer vermissen aber viele den ausgefallenen hauseigenen Sängerdarsteller Markus Brück. Er wird die Rolle in der nächsten Spielzeit übernehmen, was dem guten Sängerensemble noch einen zusätzlichen markigen Akzent geben wird.

Auf dem Weg zum neuen Publikumsliebling befindet sich schon jetzt die junge Elena Tsagllagova als Nannetta. Ihr sehr schöner Sopran ist was fürs Herz und harmoniert bestens mit dem tagträumerischen Fenton, gesungen von Joel Prieto. Nannettas Vater Ford (Michael Nagy) ist der sängerische Star des zweiten Aktes, dabei ist er über weite Strecken in den lauten Passagen viel besser zu hören als Sir John himself. Mrs. Quickly, schon den Namen der Figur finden wir komisch, entfaltet im Dolly-Buster-Look dunkle Töne. Aufgrund der großen darstellerischen Kunst bleibt diese Figur, gestaltet von Dana Beth Miller, am stärksten im Gedächtnis.

Verdis letzte Oper als Auseinandersetzung mit dem Theater Shakespeares und als Summe eines großen Komponistenlebens zu lesen – was bedeutet Rückblick, Abschied und Spielfreude eines junggebliebenen achtzigjährigen Künstlers – stehen im Zentrum der Neuproduktion von Christof Loy und Donald Runnicles. Die Hauptfigur korrespondiert für Loy dabei auch mit Verdis eigener Biographie: „Zentral ist für mich, dass es um die Melancholie eines alten Mannes geht, der auf das Leben in seiner großen Vielfalt zurückschaut. Dabei fasziniert mich, wie viel Vitalität und Jugendlichkeit diese Figur hat, die sicher im letzten Lebensdrittel steht.“

Christof Loy’s Regie ist ein bunter Reigen guter Einfälle. Seine Bühne (Johannes Leiacker) erinnert zunächst an ein improvisiertes Bühnenbild in der Provinz, wo es nichts gibt, außer Vorhängen. Die erweisen sich aber als guter Rahmen für lebhafte Auf- und Abgänge, vielseitige Wege und schnelle Umbauten, die übrigens fast alle bei geöffnetem Vorhang durch das Bewegen weniger Requisiten und Bühnenmöbel erwirkt werden. Es sitzt wirklich alles: Das Timing der Pointen, das Tempo der raschen Szenenwechsel. Dennoch am Ende ein eher neutraler Applaus des etwas behäbigen Bismarckstraßen-Publikums für das Regieteam. Opernfan.de fand’s unhöflich, dass der Applaus kaum anschwoll, als Loy und Team auf die Bühne kamen…

Donald Runnicles steht einem der interessantesten Opernorchester der Welt vor. Die kleingliedrige Partitur meistert das musikalische Team mit Sicherheit und Schlagkraft. Fallen und Hürden, dauernde Tempowechsel, enorm schnelle dynamische Veränderungen sind sicher einstudiert und werden auf den Punkt geliefert. Es schwingt, es glitzert, es brilliert. Alle sind in Bestform. Auch hier verwundert das Fehlen eines anständigen Applauses, als Runnicles auf die Bühne kommt. Liebes Opernpublikum, beim Dirigenten klatscht man für den Chef und für das gesamte Orchester! Der ausgezeichnete Klangkörper hätte eine bessere Würdigung verdient gehabt…

Überhaupt scheint die Stimmung beim Publikum fast angespannt. „Es gefällt mir nicht!“, „Ich verstehe es nicht!“, „Mich packt es nicht!“, war in der Pause draußen zu hören. Wir fanden’s gut, aber wir wussten auch vorher, dass „Falstaff“ ein schwieriges Stück ist.

(A. Hildebrand, Redaktion opernfan.de mit Verwendung von Pressetext DOB)

17. November 2013
Deutsche Oper Berlin
Berlin, Deutschland

"Falstaff" (Giuseppe Verdi). Comedia lirica in drei Akten, Libretto von ARrigo Boito nach William Shakespeare's "Die lustigen Weiber von Windsor" und "Henry IV". 

 

  • Sir John Falstaff: Noel Bouley
  • Ford: Michael Nagy
  • Fenton: Joel Prieto
  • Doktor Cajus: Thomas Blondelle
  • Bardolfo: Gideon Poppe
  • Pistola: Marko Mimica

 

  • Alice Ford: Barbara Haveman
  • Nannetta: Elena Tsallagova
  • Meg Page: Jana Kurucová
  • Mrs. Quickly: Dana Beth Miller

 

Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Chöre: William Spaulding

Chor der Deutschen Oper Berlin
Orchester der Deutschen Oper Berlin


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