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Oper singen ist wie Marathonlaufen

Geschrieben von Alexander Hildebrand am .
Foto: J. Klenk, Badisches Staatstheater Karlsruhe

Heidi Melton im Interview mit opernfan.de! Für die Sopranistin Heidi Melton, einer neuen Wagnerstimme  auf den großen internationalen Opernbühnen, ging es gleich von Beginn an steil nach oben.

Heidi Melton im Interview mit opernfan.de! Für die Sopranistin Heidi Melton, einer neuen Wagnerstimme  auf den großen internationalen Opernbühnen, ging es gleich von Beginn an steil nach oben.

Die Amerikanerin war  und ist in der Oper von San Francisco, in der Metropolitan Oper in New York, in der Deutschen Oper Berlin und im Badischen Staatstheater Karlsruhe zu hören. Einst war Heidi Melton eine von Wagners Walküren, jetzt singt sie die Rolle der Sieglinde. Lesen Sie hier ein Original-Interview von opernfan.de aus Anlass zweier Walküre-Aufführungen an der Deutschen Oper Berlin.

Berlin nennt sich selbst: Opernhaupstadt. Ist das angemessen? Gefällt Ihnen Berlin?

Ich glaube wirklich, dass Berlin Opernhaupstadt ist. Niemals zuvor habe ich eine Stadt erlebt, wo die Menschen so engagiert mit ihren Opern, ihrer Kunst und Kultur umgehen. Es ist wirklich völlig unglaublich. Und, ja, ich liebe Berlin. Es ist eine erstaunliche Stadt voller Geschichte, umtriebig mit der Kunst und dem Leben.

Kürzlich sagte eine Opernsängerin, das Singen sei ein Hochleistungssport mit einem Termin in der Maskenbildnerei. Stimmt das, wenn man fünf Stunden Wagneroper denkt, wie Sie sie gerade in Berlin meistern ?

Ja. Da muss ich lachen, aber ich stimme voll und ganz zu. Ich finde immer, dass eine Ähnlichkeit zwischen Opernsängern und Marathonläufern gibt. Wir müssen immer genauestens planen, wie wir vom Start bis zur Ziellinie kommen, aber mit dem bestmöglichen Resultat. In einer fünfstündigen Oper geht es vor allem um das richtige Tempo! Wir könnten Gefahr laufen, gleich am Anfang los zu sprinten, müssen aber immer die Ziellinie im Auge behalten.

Welchen Opernsänger oder Opernsängerin kannten sie als erstes mit Namen? Welche Erinnerungen haben sie an ihn oder sie?

Jocye Dinato. Sie sang den Octavian im Rosenkavalier in San Francisco, als ich als junge Künstlerin dort war und im letzten Moment als Marianne Leitmetzerin einsprang. Sie war die höflichste, lustigste und liebenswerteste Kollegin, die man sich nur wünschen kann. Sie ist ein Beispiel, wie man als Mensch in diesem Geschäft sein sollte – freundlich, zuvorkommend, großzügig und vor allen Dingen ein Diener der Musik.

Gwyneth Jones sagte einmal, dass nicht jeder Tag ein Tag zum Singen sei! Wie stellen Sie sicher, dass ihre Vorstellungstermine exzellente Tage zum Singen sind?

Einer meiner Lehrer, Michael Eliasen, sagte immer: „Die einzigen Tage, an denen Du merken wirst, dass Deine Stimme bei 100 Prozent ist, sind die Tage, an denen Du nicht singen musst!“. Was Sänger machen, ist natürlich skurril. Es ist manchmal sogar unheimlich, das Instrument im Körper zu haben, weil es durch Allergien, Wetterwechsel, Hormone, Krankheit, einfach viel zu viele Dinge, beeinflusst werden kann! Aber deshalb lernen wir die Gesangstechnik! Technik ist nicht so wichtig an Tagen, wo alles schön läuft, aber man braucht sie an den Tagen, wenn man nicht sicher ist, wie man durchkommt. Um meine Stimme in Form zu halten achte ich auch darauf, genug zu trinken, gut zu schlafen und mache Yoga.

 

Dietrich Fischer-Dieskau ist kürzlich gestorben. Hat sein Gesang sie irgendwie beeinflusst?

Seine Gestaltung des Textes und seine unterschiedlichen Tonfärbungen haben mich am meisten beeinflusst. Ich glaube nicht, dass es jemals einen Sänger gegeben hat, der eine so große Palette von Tonfärbungen hatte. Jedes Wort und jede Phrase haben eine Form und Absicht und sind in der Farbe perfekt. Ich glaube, wir können alle von seiner Kunst lernen.

Welche Rollen kommen in den nächsten Jahren, wo sie jetzt sehr beeindruckende Schritte im jugendlich-dramatischen Fach und im Fach des dramatischen Soprans machen?

Danke schön! Ich bin sehr glücklich mit den Aufgaben, die ich bisher hatte. Ich versuche die richtigen Rollen zu singen, die für meine Stimme zum richtigen Zeitpunkt gut sind, egal, zu welchem Fach sie gehören. Die Rollen, die noch kommen? Ich kann nicht über die ferne Zukunft sprechen, aber unter anderem sind Amelia in Verdis Maskenball, Ariadne, Elisabeth/Venus im Tannhäuser von Richard Wagner, die Marschallin im Rosenkavalier und Ellen Orford in Peter Grimes von Benjamin Britten vorgesehen.

Was bedeutet Ihnen die Musik von Richard Wagner heute, was zu Beginn ihrer Ausbildung?

Ich bin völlig, zutiefst und kopfüber in die Musik von Richard Wagner verliebt. Sie ist wie aus einer anderen Welt, aber gleichzeitig ganz menschlich und sehr pathetisch. Ich sagte es ja – ich bin verliebt!

Als ich mit dem Studium begann, wusste ich eigentlich wenig über Oper und schon gar nicht über Wagner. Ich weiß aber noch genau meine ersten Eindrücke. Eine Freundin besuchte mich in meiner Studentenbude, sie sagte, sie müsse mir eine Aufnahme vorspielen. Sie hatten den Liebestod aus Tristan und Isolde mit Kirsten Flagstad dabei. Die Musik schlug bei mir ein und ich musste so weinen. Ich hoffte und betete, dass ich so viel Glück haben würde, Wagner an einem bestimmten Punkt in meinem Leben zu singen. Und so ist es gekommen. Ich bin also jetzt ein sehr glücklicher Mensch.

Vielen Dank!

Interview: Alexander Hildebrand, Redaktion opernfan.de

Heidi Melton hat eine informative Website und schreibt dort auch einen Blog.


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