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Die Oper Faust von Gounod ist nichts für schwache Nerven

Geschrieben von Alexander Hildebrand am .
Foto © Matthias Baus im Auftrag der Deutschen Oper Berlin

Die Oper Faust von Charles Gounod ist die Essenz von Goethes Meisterwerk mit den Mitteln des Musiktheaters. Philipp Stölzl inszeniert jetzt in der Deutschen Oper Berlin eine sehenswerte Variante mit einem besonders unheimlichen Ende. 

Die Oper Faust von Charles Gounod ist die Essenz von Goethes Meisterwerk mit den Mitteln des Musiktheaters. Philipp Stölzl inszeniert jetzt in der Deutschen Oper Berlin eine sehenswerte Variante mit einem besonders unheimlichen Ende. 

Die Oper Faust von Charles Gounod konzentriert sich auf die hochemotionale Liebesgeschichte zwischen der blutjungen, naiven Marguerite und dem berühmten Universalgebildeten Faust aus Goethes gleichnamigem Werk. In Frankreich ist die Oper des französischen Komponisten eine feste Säule des heutigen Opernrepertoires, bei uns wird das gute Werk in dieser Spielzeit in fünf Häusern gespielt. Die Neuinszenierung in der Deutschen Oper Berlin, bereits 2008 für Basel entwickelt und jetzt von Philipp Stölzl und der Co-Regisseurin Mara Kurotschka weiterentwickelt, fußt auf der zentralen Idee, alles mittels der Drehbühne vor einer starren, etwas langweiligen riesigen Säule abzuwickeln. Daraus ergeben sich viele interessante Auftritte und Abgänge und dank einer vielfältigen Licht-Regie idyllische Momente  (Schnee!) und unheimliche Szenen Kerkerszene!).

Das im Zentrum der Handlung stehende Trio singt auf hohem Niveau. Die anfängliche Zurückhaltung von Krassimira Stoyanova zeigt gleich die bedachte Einteilung der abendlichen Kräfte. Im weiteren Verlauf des langen Opernabends sind das jugendliche Spiel und die musikalische Gestaltung der Partie sehr überzeugend. Stoyanovas Interpretation ist stimmschön, klar und hat einen bewegenden Ansatz.


Im Vollbesitz aller tenoralen Tricks ist Teodor Ilincai als Faust. Äußerlich so schön wie  Mario-Lanza, stellt er die inneren Prozesse der interessanten Faust-Figur sehr überzeugend dar. Seine guten Spitzentöne, die nahtlos aus einer leicht ansprechenden Mittellage kommen, sind perfekt dosiert und niemals vordergründig. Wer ihn noch nicht als Rodolfo in La Boheme gehört hat, kann sich für Dezember 2015 auf weitere Berliner Boheme-Termine mit dem rumänischen Sänger freuen.

 

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Bildergalerie zur Oper Faust. Fotograf: © Matthias Baus im Auftrag der Deutschen Oper Berlin. Klicken Sie sich mit den Punkten in der Mitte oder mit den Pfeilen rechts durch die Bildergalerie.

 

Ildebrando D’Arcangelo ist eher ein lieblicher Méphistophélès. In dieser Rolle sahen wir vor drei Jahren René Pape an der Metropolitan Oper New York und der Dresdner Sänger war eindeutig dämonischer und gruseliger. D’Arcangelo fehlt in der Stimme nach unserer Ansicht das für den Teufel benötigte Unheimliche. Trotzdem ist sein Spiel und sein männliches Erscheinungsbild gemeinsam mit dem schönen Gesang sehr sehenswert.

Markus Brück als Marguerites Bruder Valentin hat nur wenige musikalische Chancen, die er aber alle voll ausnutzt. Zahlreiche Szenen des liebenden Bruders fielen dem Rotstift zum Opfer. Mit der schönen Interpretation des Valentin begeistert der Berliner Publikumsliebling dennoch in jeder Note. Die enorme Strahlkraft seiner Stimme und das große musikalische Einfühlungsvermögen sind erneut ein Erlebnis für Opernfans!

Ronnita Miller als Marthe Schwerdtlein ist ebenfalls auf dem besten Weg, zum Publikumsliebling der Deutschen Oper. Ihre schöne, warme und mit einem sehr interessanten Kern ausgestattete Altstimme ist eine tolle musikalische Basis für viele Szenen. Ganz besonders schön klingt ihr Fundament im Quartett Marguerite, Faust, Méphistophélès, Marthe! Hier zitiert Gounods wohl das ähnlichen Quartett in Verdis Rigoletto – und schließlich ist es ähnlich interessant!

Nach einer Weile sind die Effekte der Inszenierung aufgrund des Einheitsbühnenbildes vorhersehbar. Ohne Zweifel ist der Einsatz der Drehbühne schließlich in der Kerkerszene am wirkungsvollsten, das Ausharren an diesem dreieinhalb stündigen Abend hat sich also gelohnt! Faust und Méphistophélès müssen Mauern und Gitter überwinden, um zur verurteilten Marguerite vorzudringen. Gerade die auf der Drehbühne aneinandergereihten, meterhohen Schranken unterstützen die krimiartige Schlussszene und bebildern nachdrücklich die endgültige Unerreichbarkeit des Liebespaares Faust und Marguerite. Ein Schluss, der nichts für schwache Nerven ist, denn das arme Mädchen wird schließlich mit einer Giftspritze hingerichtet. Diese starke Kerkerszene versöhnt mit vielen oberflächlichen Regieeinfällen (Schaukel, Schulmädchen-Kostüme, Boxautos) und rundet den sehenswerten Opernabenden nachdrücklich ab.


Der Chor klingt in vielen Szenen durch die Kopfmasken oft gedämpft. Auch leidet der Klang in dieser großen Chorpartie oft unter einer ungünstigen Positionierung im Bühnenrund.

Marco Armiliato am Pult des Orchesters der Deutschen Oper Berlin findet eine perfekte Mischung aus romantischen und dramatischen Klängen. Allerdings hat man’s mit Tonband-Einspielern im zweiten Teil etwas übertrieben. Sie klingen sehr unnatürlich und wirken fremd.

Schließlich ist der Applaus sehr anerkennend für die Musiker, aber von Buhs durchsetzt für das Regieteam. Etwas unheimlich ist der Gedanke an die Gesamtinterpretation von der Ring des Nibelungen, für die Philipp Stölzl an der Deutschen Oper Berlin von 2020 an fest eingeplant ist. Er und sein Team werden starke Bilder finden, es aber nicht allen recht machen können.

Charles Gounod: Faust 

Oper in vier Akten; Libretto von Jules Paul Barbier und Michel Florentin Carré nach Carrés Drame fantastique „Faust et Marguerite“ und Johann Wolfgang Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil”

  • Musikalische Leitung: Marco Armiliato
  • Regie: Philipp Stölzl
  • Co-Regie: Mara Kurotschka
  • Bühne: Philipp Stölzl, Heike Vollmer
  • Kostüme: Ursula Kudrna
  • Licht: Ulrich Niepel
  • Chöre: Thomas Richter
  • Dramaturgie: Sebastian Hanusa, Anne Oppermann

Die Sängerinnen und Sänger des Premierenabends

  • Faust: Teodor Ilincai
  • Méphistophélès: Ildebrando D’Arcangelo
  • Marguerite: Krassimira Stoyanova
  • Valentin: Markus Brück
  • Siebel: Stephanie Lauricella
  • Wagner: Carlton Ford
  • Kleine Marguerite: Lisa-Marie Almunaizel / Helene Schwenk
  • Marthe Schwerdtlein: Ronnita Miller

Orchester, Chor und und Statisterie der Deutschen Oper Berlin

Die von opernfan.de besuchte Premiere war am Freitag, den 19. Juni 2015 um 19:30 Uhr

Fünf weitere Aufführungen in der laufenden Spielzeit, in der Spielzeit 2015/2016 sind keine Aufführungen geplant. Link zur Website:  Deutsche Oper Berlin.


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