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DVD/Blu-Ray: Webers Freischütz aus Dresden erfüllt Erwartungen an ein Heimspiel
Auf DVD und Blu-ray ist die Oper "Der Freischütz" aus Dresden ein starkes Klang- und Bilderlebnis. Moritz Kühn hat sich die in Ultra-HD produzierte Aufnahme angesehen.
Auf DVD und Blu-ray ist die Oper "Der Freischütz" aus Dresden ein starkes Klang- und Bilderlebnis. Moritz Kühn hat sich die in Ultra-HD produzierte Aufnahme angesehen.
Es gibt viele Gründe, die Jägeroper Der Freischütz als „Heimspiel in Dresden“ zu bezeichnen. Carl Maria von Weber war Dresdner, hier komponierte er das romantische Werk. Es wurde auch zur Wiedereröffnung des dritten Baus der zerstörten Semperoper im Februar 1985 gespielt, hatte also stets eine große Bedeutung für das Haus an der Elbe.
Schon die Uraufführung war 1821 als Anspielung an den überstandenen 30-jährigen Krieg und die napoleonische Besatzung gedacht. Auch 2015 steht in der Inszenierung von Axel Köhler „Krieg und Frieden“ im Vordergrund.
Die Bühne zeigt eine urbane Kulisse zwischen Zerstörung und Wiederaufbau. Die Kostüme von Katharina Weißenborn sind unspektakulär proletarisch, volkstümlich und teilweise verschmutzt. Die Szene könnte also die Dresdner Trümmerwelt der Nachkriegszeit sein. Das Bild ist insgesamt sehr stimmig, schließlich geht es im Freischütz um Glaube, Aberglaube und das Walten von dämonischen Mächten, denen es in dieser post-apokalyptischen Szenerie besonders leicht gemacht wird.
Zum musikalischen und dramaturgischen Höhepunkt, der Wolfsschluchtszene, erscheinen neben den gruseligen Schatten von erhängten Menschenkörpern unzählige Silhouetten von Kriegsflugzeugen am Horizont. Zu den Paukenschlägen aus dem Orchestergraben werden Bombengeräusche in den Zuschauerraum eingespielt. Ein grausamer Einfall, der selbst noch via Blue-ray unter die Haut geht.
Weniger dramatisch, aber genauso gelungen sind die Kinder-Choreografie zum Jägerchor und das natürliche Agieren der Figuren, die ohne falschen Pathos oder theatralisch-symbolischen Gestus auskommen.
Auch die Umsetzung des langen, 17-minütigen Finales sollte erwähnt werden: Axel Köhler inszeniert das Aufheben der quälenden Spannung und das Befreien der vom Bösen geknechteten Protagonisten überzeugend und berührend. „Wer rein ist von Herzen und schuldlos im Leben, darf kindlich der Milde des Vaters vertrauen“ – unter den Klängen eines fulminanten, erlösenden C-Dur-Akkords voller Endgültigkeit wird mit diesen frommen Worten das Übel beendet und der Neuanfang herbeigesungen.
Christian Thielemann, Fachmann der romantischen Oper, zeigt ein leidenschaftliches Dirigat und entlockt der Dresdner Staatskapelle höchst präzise und facettenreiche Musik. Die Differenzierungen zwischen den düsteren, dämonischen Teilen, der derben Volksmusik und den sehnsüchtigen Heile-Welt-Klängen gelingen Thielemann außerordentlich gut. Besonders gut gefallen auch die stimmungsvolle Ouvertüre und das Zwischenspiel. Der präzise und leidenschaftlich gespielte Jägerchor sowie die aufmerksamen Begleitpassagen zu den Ensembles müssten selbst die engagiertesten Thielemann-Kritiker bekehren.
Gesanglich glänzt Tenor Michael König als verzweifelter Max, der stimmlich seine Zerrissenheit zwischen den Bereichen des Guten und Bösen ausdrücken kann. Die Sopranistin Sara Jakubiak singt sich mit klarer, warmer Stimme und kontrolliertem Vibrato als Agathe in die Herzen der Hörer. Agathes Kammerzofe Ännchen ist mit Sopranistin Christina Landshammer besetzt, die ihre Rolle mit großer Spielfreude erfüllt und sie gesanglich mit Leichtigkeit und Präzision gestaltet.
Georg Zeppenfeld (Bass) präsentiert einen beispielhaften, bösen und berechnenden Kaspar, der schwer enttäuscht wurde und nun mit dem Teufel gemeinsame Sache macht. Der Bariton Adrian Eröd spielt und singt den Kurfürsten Ottokar besonders glaubhaft. Bassbariton Albert Dohmen meistert den Erbförster Kuno mit viel Gefühl. Ihm zur Seite steht der spielfreudige und in jeder Hinsicht treffsichere Tenor Sebastian Warting, von dem wir in Zukunft gerne mehr als nur den Kilian hören möchten.
Der Freischütz-Komponist Weber gründete den Staatsopernchor Dresden als ersten festen Opernchor. So ist diese Oper für den Klangkörper an der Elbe stets eine besondere Aufgabe. Zu loben ist in dieser Aufnahme besonders die Textverständlichkeit des Chores, die auch durch die brillante Aufnahmetechnik des Opernhauses gemeinsam mit Unitel Classica unterstützt wird. Diese Produktion nutzt also die gesamten Chancen eines Heimspiels besonders gut aus und landet einen musikalischen Volltreffer für Opernfans!
Carl Maria von Weber
Der Freischütz
(2 DVDs oder Blu-ray, produziert als Ultra-HD in 4k, also mit 3840x2160 Pixeln, eine Aufnahme aus der Semperoper, 2015)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann, Inszenierung: Axel Köhler, Mit Adrian Eröd, Albert Dohmen, Andreas Bauer, Christina Landshamer, Georg Zeppenfeld, Michael König, Sara Jakubiak, Sebastian Wartig
Orchester: Staatskapelle Dresden
Chorus: Staatsopernchor Dresden
Video Director: Tiziano Mancini
Dauer: 149 minutes
Hier können Sie die besprochene Blu-ray auf Amazon.de bestellen. Die Aufnahme ist auch als DVD erschienen.