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In einem Auftragswerk der Komischen Oper Berlin singen vier berühmte Fabelwesen auf ihrem Weg nach Bremen sogar in zwei Sprachen... 

In einem Auftragswerk der Komischen Oper Berlin singen vier berühmte Fabelwesen auf ihrem Weg nach Bremen sogar in zwei Sprachen... 

Es ist wahrlich eine Neuerung im multikulturellen Berlin: An der Komischen Oper feiert eine Kinderoper Uraufführung, die überwiegend in deutscher Sprache geschrieben ist, aber auch einzelne türkische Textzeilen hat. Hintergrund sind die seit 2011 andauernden Bestrebungen, die Komische Oper für Menschen mit „Migrationsvordergrund“ zu öffnen. So ist es grundsätzlich eine sehr originelle Idee, den in Antalya lebenden Komponisten Attila Kadri Sendil für das Auftragswerk zu verpflichten. Er studierte zunächst Klarinette am staatlichen Konservatorium seiner Heimatstadt Izmir. Seine Kompositionsstudien führten ihn nach Paris und Istanbul und eine Promotion legte er in Memphis (USA) ab. Zur Zeit ist Sendil Fakultätsmitglied am Akdeniz University State Conservatory in Antalya.

Thema und Titel der Oper bedürfen kaum inhaltlicher Erläuterungen. Die Fabel der zwei „davongejagten“ männlichen Tiere Esel (türkisch Esek, männlich gespielt und kernig gesungen von Carsten Sabrowski) und Hund (türkisch Köpek, schüchtern-witzig gespielt und tenoral-glänzend gesungen von Adrian Strooper) sowie zweier eleganter Damen ist bei uns und in der Türkei populär. Die Katze (türkischer Rollenname Kedi, samtweich – sopranig gesungen und elegant verkörpert von Katarzyna Wlodarczyk) und der kichernde Hahn (türkisch Horoz, leicht und elegant mit Koloratursopran-Spitzentönen dargestellt von Andromahi Raptis) vervollständigen schließlich das berühmte Quartett.

Also: Klassische deutsche Fabel trifft auf kulturelle Vielfalt. Die Arbeit des Librettisten Ulrich Lenz lässt die Einflüsse unterschiedlicher Kulturen und Stile als selbstverständlicher Bestandteil des Alltags erscheinen. Gemeint sind der beiläufige Wechsel zwischen zwei Sprachen ebenso wie die musikalische Bandbreite von großer Oper über Jazz bis hin zu volksliedähnlichen Nummern.

Andromahi Raptis (Hahn/Horoz), Katarzyna Wlodarczyk (Katze/Kedi), Adrian Strooper (Hund/Köpek), Carsten Sabrowski (Esel/Esek) | Foto Komische Oper © Robert-Recker.de
Hübsche Traumszene der wandernden Tiere am Ende des ersten Aktes...  | Foto Komische Oper © Robert-Recker.de
Es sind vier lustige Gesellen...  | Foto Komische Oper © Robert-Recker.de
Carsten Sabrowski (Esel/Esek), Katarzyna Wlodarczyk (Katze/Kedi), Adrian Strooper (Hund/Köpek), Andromahi Raptis (Hahn/Horoz),   | Foto Komische Oper © Robert-Recker.de

Bildergalerie von Die Bremer Stadtmusikanten (auf Türkisch: Bremen Mızıkacıları). Alle Fotos  @ robert-recker.de

Aus musikalischer Sicht fehlt uns allerdings der eindeutig und leicht zu identifizierende Einfluss türkischer Musikelemente. Es sind zwar verschiedene orientalische Instrumente besetzt, der Musikstil wirkt aber durchgängig westlich, jazzig, musicalartig oder amerikanisch angehaucht. Die gesamte Oper hört sich gut weg und die Musik macht viel Freude, gute Laune und sorgt bei den Kindern für strahlende Gesichter! Viele Momente erinnern aber weniger an Istanbul als an große Hollywood-Musicals der 30iger und 40iger Jahre oder an amerikanische Folksongs oder Kinderlieder. Generell ist die Musik hörenswert und originell. Dankenswerter Weise werden die musikalischen  Höhepunkte zum Nachhören auf CD mit dem Programmheft mitgegeben. Nett auch, dass die Fabel der Bremer Stadtmusikanten in einem eigens gezeichneten deutsch-türkischen Comic ebenfalls beiliegt.

Die Zweisprachigkeit der Oper ist schließlich homöopathisch dosiert. Nichts gegen die Aufgabe, sich in der Oper konzentrieren zu müssen, aber man bekommt den Wechsel zur türkischen Sprache gar nicht immer mit. Hier wäre bei allem Tam-Tam um Multikulti eine etwas forschere Gangart im sprachlichen Bereich wirkungsvoller gewesen. Zum Beispiel hätten sich die Tiere auch mal um eine türkische Übersetzung streiten können, sie hätten auf Türkisch deutlich fluchen können oder dem Publikum frontal eine Erläuterung mitgeben können.

Mit der Bewältigung des vorliegenden Librettos haben die durchweg nicht-türkischen Darsteller und die zur Hälfte auch nicht-deutschen Darsteller zwar mit dem „Sprachcoach Türkisch“ und dem „Sprachcoach Deutsch“ gute Arbeit geleistet, aber der Wechsel zwischen den beiden Sprachen ist schließlich so glatt gezogen, dass vor allem die Kinder in dieser Oper nur ein mageres Erlebnis von Sprachenvielfalt haben.

Tobias Ribitzki gestaltet schließlich eine sehenswerte Inszenierung, die mit einfachen und kostengünstigen Mitteln auskommt. Hier gilt es nun auch, dem sehr jungen Publikum ein Opernerlebnis zu präsentieren, das zur Erinnerung wird. Die lieben Kleinen sollen schließlich als junge Erwachsene in 10 oder 15 Jahren selbstständig in die Oper kommen. Das Vorhaben geht auf: Die gezeigten Bilder sind eindeutig und abwechslungsreich. Kathrin Susann Brose gelingt dazu mit den  bunten Kostümen der schwierige Spagat zwischen tierischen Erkennungsmerkmalen und praktikablen Bühnenoutfits.

Also: Auf Türkisch heißt es wohl Geliyoruz Bremen! Bremen, wir kommen! Auf geht’s in die Komische Oper, denn die Bremer Stadtmusikanten (auf Türkisch Bremen Mızıkacıları) stehen in der Spielzeit 2017/2018 etwa fünfzehn mal auf dem Programm.

Die Bremer Stadtmusikanten | Bremen Mızıkacıları
Kinderoper in zwei Akten [2017] von Attila Kadri Şendil (ab 6 Jahren)

Libretto von Ulrich Lenz nach den Brüdern Grimm
unter Mitarbeit von Murat Cağlar | In deutscher und türkischer Sprache
Auftragswerk der Komischen Oper Berlin | Uraufführung

  • Musikalische Leitung: Ivo Hentschel
  • Inszenierung: Tobias Ribitzki
  • Bühnenbild: Alfred Peter
  • Kostüme: Kathrin Susann Brose
  • Choreographische Mitarbeit: Silvano Marraffa
  • Dramaturgie: Ulrich Lenz
  • Licht: Diego Leetz

Besetzung der von opernfan.de besuchten Premiere

Carsten Sabrowski (Esel/Esek), Adrian Strooper (Hund/Köpek), Katarzyna
Wlodarczyk (Katze/Kedi), Andromahi Raptis (Hahn/Horoz), Christian Tschelebiew
(Ernst), Christiane Oertel (Helga), Denis Milo (Karl), Julia Domke (Hanna)

Sonntag, 24. September 2017, 16 Uhr (Uraufführung)
Fünfzehn weitere Termine in der Spielzeit 2017/2018

Kartentelefon: 030 / 47 99 74 00

Karteninfos: Hier entlang  zur Website der Komischen Oper Berlin.

Die Berichterstattung über die Uraufführung auf der Website opernfan.de wurde vom Opernhaus unterstützt. 


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