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Foto: Monika Rittershaus

Die Vergangenheit von „Der Liebestrank“ wiegt schwer! Bei der letzten Neuinszenierung in der Deutschen Oper Berlin im Jahre 1987 sang der Jahrhundert-Tenor Luciano Pavarotti die männliche Hauptrolle des Nemorino. Gleichzeitig wird die Regisseurin der jetzigen Neuinszenierung unermüdlich als „die Tochter des Jahrhundertregisseurs Peter Brook“ eingeführt.

Die Vergangenheit von „Der Liebestrank“ wiegt schwer! Bei der letzten Neuinszenierung in der Deutschen Oper Berlin im Jahre 1987 sang der Jahrhundert-Tenor Luciano Pavarotti die männliche Hauptrolle des Nemorino. Gleichzeitig wird die Regisseurin der jetzigen Neuinszenierung unermüdlich als „die Tochter des Jahrhundertregisseurs Peter Brook“ eingeführt.

Sie gibt mit der berühmten Donizetti-Oper sogar ihr Berlin-Debüt. Schließlich erläutert der Jahrhundertdirigent für das italienische Repertoire Alberto Zedda, zuletzt mit einem glänzenden Auftritt bei der Hundertjahrfeier der Deutschen Oper in der Bismarckstraße am Pult zu erleben im Programmheft, dass es Donizetti ermöglicht, die Oper „Der Liebestrank“ in die ferneren Gefilde der Phantasie zu verlegen. So schrauben sich die Erwartungen an diesen Opernabend in schwindelerregende Höhen.

Leider werden sie nicht zur Gänze erfüllt. Irena Brook und ihr Regieteam verlegen erlaubterweise die Oper zwar in die Fünfziger Jahre, haben sonst aber praktisch wenig zündende, neue oder wenigstens smarte, geschickte Ideen. Es ist alles schon mal dagewesen, die mäßig unterhaltenden Gags und Effekte wirken wie Zitate aus Film, Fernsehen und der Welt der Oper!


Das beginnt schon während des Einlasses: Der Vorhang ist geöffnet, die Theatertruppe, der die weibliche Hauptfigur Adina vorsteht, wärmt sich auf. Das mag in späteren Aufführungen mal Schulklassen unterhalten, das Berliner Premierenpublikum macht sich praktisch nichts daraus, denn man ist ja mit sich selbst beschäftigt! Die Bühne wirkt von Beginn an unbeweglich, drei Wohnwagen und eine kleine Bühne für die Stücke im Stück wirken viel zu statisch, bleiben die gesamte Oper so wie sie sind. Das Bühnenbild wirkt, als wäre es erst für eine Drehbühne entworfen worden und als hätte dann irgendwas am drehen nicht geklappt. Überhaupt fehlt der gesamten Inszenierung ein gewisser Dreh – obwohl alles auch aufgrund der sehr guten Lichtregie hübsch, im Grunde auch sehenswert, aussieht. Malerische Stimmungswechsel und idyllischer Mondschein runden das optische Konzept ab. Die Kostüme sind ausgewogen bunt, die Produkte der Maskenbildnerei kontrastreich und farbig.


Die Sänger sind die Stars des Abends! Heidi Stober, Publikumsliebling und vom Berliner Stammhaus aus auch mit einer internationaler Karriere beschäftigt, ist eine Idealbesetzung. Die Koloraturen ihres ausgesprochen schönen Soprans laufen geschwind wie an einer Perlenschnur, die Spitzentöne kommen sicher und die Gestaltung ist ansprechend. Ihr gegenüber steht der Amerikaner Dimitri Pittas in einer seiner Paraderollen. Die Inszenierung weist ihm anfangs die unnötige Platzierung eines Putzmanns von Adinas Theaterkompagnie zu, aber der jugendlich wirkende Sänger spielt sich frei und gibt vor allem im zweiten Teil einen überzeugenden, erst schüchternen, dann entschlossenen Verliebten! Simon Pauly spielt und singt wie ein Traum aller italienischen Mamas und der Italiener Nicola Alaimo gibt einen witzigen Dulcamara – für ihn hatte die Regie sogar die meisten Einfälle parat!


Musikalisch ist die Aufführung ein Ohrenschmaus! Mit Roberto Rizzi Brignoli, in dieser Spielzeit mit mehreren Italienern in der Deutschen Oper Berlin betraut, steht ein Klangexperte dem Orchester vor, der einem warmen, geschmeidigen und ausgeglichenen Orchesterklang ein harmonisches Ensemble aus Solisten und Chor gegenüberstellt. Es stimmt einfach alles! Die Bögen in den großen Arien, Tempowechsel, Ensembleszenen – die Gestaltung schmeichelt dem geneigten Opernfan. Selten gehört: Ein so zaghafter, geschmackvoller Piano-Einstieg des Nemorino in seine berühmte Arie „Una furtiva lagrima“. Hier blüht Dimitri Pittas erst genau an den richtigen Stellen auf.


Schade, dass der gute Chor im Finale I so lange gut zu hören war, bis er sich hektisch zur Musik bewegen musste. Auf den wenig originellen Einfall „ihr tanzt und zappelt jetzt alle im Rhythmus der Musik“ hätten man gerne verzichten können.

 

25. April 2014
Deutsche Oper Berlin
Berlin, Deutschland

"Der Liebestrank" (L' elisir d'amore, Gaetano Donizetti). Libretto von Felice Romani nach Eugène Scribes „Le Philtre“.

 

  • Adina: Heidi Stober
  • Nemorino: Dimitri Pittas
  • Belcore: Simon Pauly
  • Dulcamara: Nicola Alaimo
  • Giannetta: Alexandra Hutton
  • Schauspieler: Geoffrey Carey 

 

Musikalische Leitung: Roberto Rizzi Brignoli
Regie: Irina Brook
Chöre: Thomas Richter
Kostüme: Sylvie Martin-Hyszka 

Chor der Deutschen Oper Berlin
Orchester der Deutschen Oper Berlin


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