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Giulio Cesare in Egitto ist eine Händel-Oper mit Cliffhanger

Geschrieben von Alexander Hildebrand am .
Foto © Iko Freese | drama-berlin.de

Fast vierzig Jahre dauert die Rennaissance der Opern von Georg Friedrich Händel schon an und noch immer gibt es neue, starke Bilder! Lydia Steier erfindet rund um die Geschichte von "Caesar und Kleopatra" in der Komischen Oper Berlin eine schöne, aussdrucksstarke und sehr sehenswerte Inszenierung.  

Fast vierzig Jahre dauert die Rennaissance der Opern von Georg Friedrich Händel schon an und noch immer gibt es neue, starke Bilder! Lydia Steier erfindet rund um die Geschichte von "Caesar und Kleopatra" in der Komischen Oper Berlin eine schöne, aussdrucksstarke und sehr sehenswerte Inszenierung.  

Fast vierzig Jahre dauert die Rennaissance der Opern von Georg Friedrich Händel schon an und noch immer gibt es neue, starke Bilder! Der historisch leicht angepasste Stoff der Liebesgeschichte von Caesar und Kleopatra inspierte den barocken Großmeister für London zu tiefsinner, virtuoser und für seine Zeit extrem moderner Musik. Heute sind es innovative Regieteams, die wie jetzt wieder an der Komischen Oper Berlin psychologische Portraits zeichnen. Dabei sind Liebe, Trauer, Neid, Ehrgeiz und nicht zuletzt sexualle Anziehungskraft in zeitgemäße, recht bunte und starke Bilder gesetzt. Giulio Cesare in Egitti, wie die auf drei einhalb Stunden gekürzte Oper im Original heißt, ist Bilderreigen und Ohrenschmaus zugleich. 

 

Bildergalerie von Giulio Cesare in Egitto. Alle Fotos:  @ Iko Freese | drama-berlin.de

Entsprechend der technischen Möglichkeiten, die Komische Oper hat keine Hinter-, aber eine nach rechts besonders tiefe, nach links nur einige Meter breite Seitenbühne, wandern drei Palast-Räume von rechts zur Mitte und weiter nach links. Darin entfaltet sich ein einfallsreiches Regietheater: Alles bebt, alles bewegt sich. Am interssantesten ist der Bühnenwechsel während Cleopatras Arien im zweiten und dritten Akt eingesetzt. Die intrigante Palast-Gesellschaft gleitet in gleißendem Gelb-Grün hinter der sehnsüchtig Liebenden vorbei. Während des berühmten Piangerò la sorte mia rückt der zentrale Raum kurz mal nach rechts und Kleopatra geht durch die offene Türe in ihre dunkle Traumwelt. 

Überhaupt, diese Traumwelten! Die Regie spielt durchgehend mit nächtlichen Gedanken, Tagträumen und ängstlichen Bildern der weiblichen Hauptperson. Schon zu Beginn sieht Kleopatra im Rückblick die erzwungene Vermählung mit ihrem Bruder, am Ende erscheint wieder und wieder eine Greisin im Königinnen-Look: Das eigene, verzweifelte Ende? Lydia Steier lässt viele Fragen offen. 

Neben den großen Bühnenwechseln fasziniert der Ideenreichtum innerhalb der vielen Da-Capo-Arien. Fast immer haben die Gesangsstücke den Aufbau A-Teil, B-Teil, Wiederholung A-Teil mit gesteigerter Dramatik oder vielen Verzierungen. Fast jedesmal steigert sich während A-B-A‘ die Intensität der Darstellung. Sesto Pompeo (treffsicher: Therasa Kronthaler) ist erst erschüttert, dann in Trauer, schließlich genießt er das gewonnene und für Achilla (kernig: Günter Papendell) tödlich ausgegangene Duell. Genauso erstrahlt Kleopatra zu Beginn ihrer letzten Arie, dann ist sie emotional, schließlich hebt sie ab! Diese Steigerungen machen den gesamten Abend über zu einem spannenden Hingucker. In der Pause war zu hören: „Ich bin gespannt, wie es weitergeht!“. Eine Operninszenierung mit großen Spannungsbögen, Händel mit Cliffhanger! 

Nicht alle Bühnen-Ideen sind nachvollziehbar: Sesto und Achillo mit Wandschmuck aus getöteten Hirschen - unklar! Nil-Krokodile in Schaukästen - hübsch anzuschauen und bildstark, aber ohne tieferen Sinn. 

Macht nichts, denn es wird ja auch noch hervorragend musiziert und schön gesungen! Konrad Junghänel am Pult hat die Intendanten – Entscheidung, die für Katastraten geschriebene Titelrolle mit einem Bariton zu besetzen, gut umgesetzt. Ein Mezzo-Sopran als Cesare gäbe der Oper eine stark frauenlastige Seite, so ist es recht ausgewogen! Der ausgewiesene Barock-Spezialist gestaltet einen vollen, warmen Klang und wählt die Tempi auf der zügigen Seite. 

Dominik Köninger als Giulio Cesare ist ein römischer Prachtkerl. Anfangs kommen die Läufe nicht so flüssig, dann steigert er sich und überzeugt in Tongebung und Ausdruck. Valentina Farcas als Cleopatra, an ihre alte Wirkungsstätte zurück gekehrt, schont sich zurecht erst etwas, bringt im zweiten und dritten Akt diese sehr lange Partie aber zu großartiger Geltung. Ihre besonders schöne Stimme bringt alle erdenklichen Farben in allen benötigten Stimmungen: Verführerisch Liebende, erschrockene Königin, verträumte Gefährtin. Ezgi Kutlu als Cornelia und Anna Bernacka als Tolomeo sind überzeugend und stilsicher. 

Giulio Cesare in Egitto an der Komischen Oper ist sehenswert, kurzweilig und unterhaltsam. Die Inzenierung ist eine perfekte Möglichkeit, sich der faszinierenden, fast drei Hundert Jahre alten, schönen Musik von Georg Friedrich Händel wieder einmal  zu nähern.

Auf Youtube gibt es ein nettes Interview mit Valentina Farcas, der Sängerin der Kleopatra und Dominik Köninger, dem Sänger des Julius Cäser: Hier entlang zum Youtube-Video

Georg Friedrich Händel: Giulio Cesare in Egitto

Dramma per musica in drei Akten (1724)
Libretto von Nicola Francesco Haym nach dem Libretto von Giacomo Francesco Bussani

  • Musikalische Leitung: Konrad Junghänel
  • Inszenierung: Lydia Steier
  • Bühnenbild: Katharina Schlipf
  • Kostüme: Ursula Kudrna
  • Dramaturgie: Johanna Wall
  • Chöre: David Cavelius
  • Licht: Diego Leetz

Besetzung

  • Giulio Cesare: Dominik Köninger
  • Cleopatra: Valentina Farcas
  • Cornelia: Ezgi Kutlu
  • Sesto Pompeo: Theresa Kronthaler
  • Tolomeo: Anna Bernacka
  • Achilla: Günter Papendell

Chorsolisten der Komischen Oper Berlin 

Von opernfan.de besuchte Aufführung: Sonntag, 31. Mai 2015, 19 Uhr (Premiere)

Sechs weitere Termine in der Spielzeit der Premiere, fünf Termine in der Spielzeit 2015/2016. 

Website der Komischen Oper Berlin.


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